Traumatherapie bei Narzissmus und Missbrauchsopfer

Narzissmus und Traumatherapie

ein multiperspektivischer Ansatz

Die psychotherapeutische Behandlung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS) und die Behandlung eines Missbrauchsopfers eines Narzissten unterscheiden sich grundlegend, obwohl beide Ansätze auch traumatherapeutische Elemente enthalten.

NPS

Behandlung der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS)
Die Behandlung von NPS konzentriert sich auf die Verbesserung des Selbstwertgefühls und die Entwicklung von Empathie.
Psychodynamische Psychotherapie / Übertragungszentrierte Tiefenpsychologie: Diese Therapieform zielt darauf ab, die zugrunde liegenden dynamischen Konflikte und unbewussten Prozesse zu verstehen, die das narzisstische Verhalten antreiben.
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) / Klärungsorientierte Therapie: Hierbei werden dysfunktionale Denkmuster und Verhaltensweisen identifiziert und bewusst verändert, um interaktionale Probleme zu verantworten. Schematherapie: Diese Methode hilft, tief verwurzelte negative Schemata zu erkennen und zu verändern.

Missbrauchsopfer

Behandlung von Missbrauchsopfern eines Narzissten
Die Therapie für Missbrauchsopfer konzentriert sich auf die Heilung der emotionalen und psychischen Wunden, die durch den Missbrauch entstanden sind.
Traumatherapie: Diese umfasst Techniken wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) mit bilateraler Stimulation, Stabilisierungstechniken zur Triggerkontrolle und Selbstregulation, in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie, Gestalttherapie und narrativen Verfahren, um traumatische Erlebnisse effektiv und rascher zu verarbeiten.
Stärkung des Selbstwertgefühls: Opfer lernen, ihr Selbstwertgefühl wieder aufzubauen und gesunde Beziehungen zu sich selbst und anderen zu entwickeln, dabei wird auch stark biographisch gearbeitet zum Verständnis bereits früh gesetzter Verwundungen insbesondere bei komplextraumatisierten Personen.
Verarbeitung von emotionalen Verletzungen: Die Therapie bietet einen sicheren Raum, um die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und emotionale Verletzungen zu heilen.

Traumatherapeutischer Bezug

Beide Behandlungsansätze enthalten traumatherapeutische Elemente, um die traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten:

Für NPS-Patienten: Traumatherapie kann helfen, frühkindliche Traumata zu bearbeiten, die zur erstarrten psychoemotionalen Entwicklung oder zur kompensatorischen Entwicklung der Persönlichkeitsstörung im Sinne einer erfolgreichen "Überlebensstrategie" beigetragen haben. Hierzu gilt es das relativ neue Störungskonzept der traumaassoziierten Narzissmusstörung (TANS) zu diagnostizieren. Betroffene lernen empathischer und mitfühlender zu werden, gleichsam mit den eigenen Wunden und mit den Wunden anderer Menschen, auch für jene Wunden die man selbst zu verantworten hat. Hoffnung auf Veränderung wird gesät, das Gesunde im Störungsbild zu bergen.

Verstehen, wie paradox die narzisstischen Störung funktioniert und in unser aller Bewusstsein bringen!

Für Missbrauchsopfer: Traumatherapie ist zentral, um die erlittenen Traumata und die eigene, sehr individuelle Traumareaktion und die verinnerlichten Selbstanteile mit aufgeladenen, traumabezogenen Affekten, Introjekten des Täters und Erinnerungen zu verarbeiten und die psychische Stabilität und Würde und Grenzen der eigenen Person wiederherzustellen. Das Ich und das Du werden für gesunde Beziehungen neu begrenzt und auf übende Weise auf einer gesunden Weise neu erfahrbar gemacht.

Diese Ansätze zeigen, wie unterschiedlich die therapeutischen Bedürfnisse und Ziele bei NPS-Patienten und ihren Opfern sind, und wie beide Gruppen von traumatherapeutischen Methoden profitieren können. Hierbei zeigen sich sehr unterschiedliche Konstellationen in der Behandlung von Einzelpersonen und auch in Paaren. Emotionale Stabilität, Verständnis und Klärung der komplexen Dynamik wird unter guten Bedingungen in eine Veränderungsbereitschaft und auch zu tatsächlichen Veränderungen führen. 

Das Leiden der Opfer stärker in unser Bewusstsein bringen!

Nach Klärung und Verstehen, etwa wer zu welchen Anteilen sich wie verantwortungslos verhält, wie Grenzen verletzt werden oder Begrenzungen und Bedürfnisse zurückgehalten werden, aus Furcht vor tiefgreifenden Konsequenzen, oder wie Beherrschung, Selbstbeherrschung und Autonomie unterdrückt oder aufgegeben werden, um zu gefallen oder einen Gefallen bis zur Selbstaufgabe zu gewähren. Dabei sind oft das Festhalten an irrigen oder tiefen Überzeugungen, das Hoffen auf Besserung ohne ernsthaften Veränderungsprozess und die Angst vor dem persönlichen Scheitern oder eine fundamentale Existenzbedrohung mitbestimmend.

Die im therapeutischen Prozess hilfreichen Veränderungen beginnen mit der Selbsterkenntnis und der Einsicht, Opfer von Missbrauchshandlungen zu sein oder eine missbrauchende, kontroll- und machtorientierte Person zu sein. Menschen sind komplex. Erkenntnisse aus dem therapeutischen Prozess reichen über eine tiefgreifende, ehrliche Reflexion im schmerzvollen bewusst werden der erlittenen (als Opfer) oder ausgeübten (als handelnde Person) Handlungen. Diese missbräuchlichen, verletzenden Handlungen können bei Einsicht und Reue zu Schuld- und Schamerleben führen und wenn dies ehrlich und wahrhaftig erlebt wird, auch zu Ruhe, Vergebung und Versöhnung führen. Dann erst kann ein neuer Wegabschnitt möglich sein. Ein Neuanfang kann Vieles darstellen, ob Fortsetzung der Beziehung, Trennung mit Kontaktabbruch oder kompromisshaft etwas dazwischen. Realistisch ist oft der notwendige Erhalt einer beherrschbaren, funktionalen Kommunikation.

Es gibt immer noch die Chance auf Hoffnung, menschlich miteinander umzugehen.

Wichtige Differentialdiagnosen

Die Schwere einer Persönlichkeitsstörung wird in der neuen ICD-11 durch Schweregrade von Funktionsbeeinträchtigungen definiert, die in drei Gruppen eingeteilt sind: leicht, mittel und schwer. Zusätzlich werden prominente Persönlichkeitsmerkmale beschrieben, wie Negative Affektivität, Distanziertheit, Dissozialität, Enthemmung (Impulsivität) und Zwanghaftigkeit (Anankasmus). Persönlichkeitsstörungen können sich in ihrer Manifestation deutlich unterscheiden, aber es wird angenommen, dass sie durch eine Kombination von genetischen und Umgebungsfaktoren verursacht werden. Viele Persönlichkeitsstörungen werden mit dem Alter weniger gravierend, aber bestimmte Merkmale können bis zu einem gewissen Grad anhalten. Nicht untypisch ist die Schnittmenge zwischen Persönlichkeitsstörung und Trauma. Verwechslung zwischen einer Persönlichkeitsstörung und dem Vorliegen einer Traumafolgestörung sind häufig. Typischerweise ist es herausfordernd, eine Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Muster von einer komplexen Traumafolgestörung zu unterscheiden. Herausfordernd kann es sein, zwischen psychischem Trauma (PTBS) als Traumafolgestörung nach narzisstischem Missbrauch (PNSD/PNBS – postnarzisstische Belastungsreaktion), sowie umgekehrt eine narzisstische Verhaltensweise als Traumareaktion (TANS – traumaassoziierte narzisstische Störung) von der narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden.

Neurodiversität auch als ungünstige Verschlechterung neuropsychiatrischer Störungen verstehen!

ADHS - Aufmerksamkeitsstörung: Vermutlich bedeutender als bisher durch die Fachwelt angenommen ist die Komorbidität mit ADHS, die den Grad narzisstischer Symptome erheblich verschärfen kann und eine Narzissmusstörung sogar mit ADHS selbst verwechselbar macht. Die psychopharmakologische Behandlung von ADHS kann hier rasch helfen.

Bearbeitungsstand: 24.11.2024

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