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Bewunderung? Publikum? Worum geht es mir bei meinen Interviews? Bewunderungsfantasien haben nur diejenigen, die sie auf mich projizieren. Koketterie und Bewunderungsfantasien habe ich nicht. Tatsächlich ist es mir egal, ich bin ein relativ uneitler Mensch, bin fein in der 2. Reihe. So endet ja auch mein Ersterfolg, ich sitze im Publikum und schaue dem Treiben auf der Bühne zu. Ein cleverer Trick, sich noch wichtiger zu nehmen, den Triumph privatissime zu feiern, höre ich schon kommentieren. Also wo sitzt der Narzisst dann nun? Auf der Bühne oder im Publikum? Die Antwort: überall. Der Erfolg ist da, das reicht mir. Danke sehr! Bin zutiefst dankbar und fein damit. Danke an die Verlage. Danke an meine Leser!

Ich finde es langweilig, durch die mediale Berichterstattung auf eine klischeehafte Idee reduziert zu werden, die ich durch humorvolles Hinterfragen sprengen will. Die Idee der Selbstdarstellung im Narzissmus wird oberflächlich mit dem Lösungsweg verwechselt, wenn die beispielgebende Person und nicht das Thema selbst - unser Narzissmus und unsere narzisstischen Impulse - diskutiert werden. Das dient nur der narzisstischen Selbstentlastung, da es für das Selbst bedrohlich und unzumutbar reflexiv ist, über sich selbst und die negativen Folgen der eigenen empathiebefreiten Selbstbezogenheit nachzudenken. Selbst unempathisch und selbstgesteuert zu sein auf Kosten der Bedürfnisse anderer, ist der viel unerträglichere Gedanke im Miteinander und wird narzisstisch abgewehrt. Ist übrigens ein Fachterminus, die narzisstische Abwehr. Dann lieber das Beispiel diskutieren. Sonst wird's für den Fragenden bedrohlich kompliziert.

Narzissmus ist eine normale menschliche Eigenschaft wie Körpergröße. Jeder hat eine, es zu bestreiten ist sinnlos. Die Frage ist, wie groß ist man, wie sehr weicht diese Größe von der Norm ab und ist sie real oder fantasiert. Stimmt die Annahme eigener Größe oder ist sie ein Fantasieprodukt des labilen Geistes? Es ist viel interessanter, sich disruptiv mit dieser Fantasie auseinanderzusetzen und ein schmerzliches Verständnis über die eigene reale oder fantasierte Körpergröße zu entwickeln. Daraus lassen sich reale oder fantastische Strategien entwickeln, um als Mensch und Menschheit hilfreich damit umzugehen. Dafür muss man sich etwas mehr zumuten und noch eine Runde weiter denken, um am Ende an der eigenen Nase rauszukommen und sich nicht mehr auf Kosten des anderen - erst gedanklich und dann emotional - zu entlasten, sondern das Schicksal des Lebens auf sich zu nehmen, wie es ist – schmerzhaft schön und schön schmerzhaft und alles was dazwischen passt, eine ganze Welt.

Es macht daher keinen Sinn, nur 3-Minuten-Interviews zu geben, genauso wenig wie es Sinn macht, ein Interview zu führen, das ungebrochen das Klischee bedient. Das wäre ja sogar unwissenschaftlich. Es macht zudem gar keinen Sinn, neue Begriffe zu erschaffen, um sich selbst als erleuchteter Experte zu empfehlen. Es geht hier um ziemlich normale menschliche Phänomene, die zumindest für eine tiefenpsychologisch denkende Person keiner Begriffsklärung mehr bedürfen. Daher wäre der Sinn eines Interviews, das Thema reflexiv und hilfreich zu entzaubern, bevor wir uns alle als Zauberlehrlinge fühlen und meinen, endlich kapiert zu haben, wie es läuft. Das wäre anteilig einfältig und wahrscheinlich auch narzisstisch. Ich weiß um die Unterscheidung der öffentlichen Persona und des Psychiaters und privaten Menschen. Bin ja selbst auch seit 1996 in den Medien anderweitig beruflich aktiv.

Und mag es auch defensiv klingen, zahlt es so oder so auf das Narzissmuskonto ein, egal wie ich es formuliere. Damit entzaubert sich die Projektion des Verblendeten, der nur das bestätigt sieht, woran er glaubt, und alles ignoriert, was seiner Meinung, seiner Perspektive und seiner Selbstwahrnehmung widerspricht und sie bedroht. Die Projektion des Narzissmus ist Ausdruck unseres projektionsfähigen Selbst. Dies ist das zentrale Phänomen, über das wir inhaltlich und kontrovers diskutieren müssen, denn unsere Welt befindet sich in einer bedrohlichen Bewegung. Mehr denn je müssen wir mit den ungezähmten Projektionseffekten auf die Leinwände unseres Geistes umgehen. Sich bewusst zu sein, dass Wahrnehmung auch Projektion ist, wie der Selbstpsychologe Kohut sagte, bietet eine Lösung für dieses kognitive Dilemma. Es gilt, die Wahrnehmung zu schärfen und die eigenen Projektionen hilfreich zurückzunehmen, um der Wahrheit näher zu kommen – sofern diese Wahrheit aushaltbar ist.

Premiere in Berlin mit Dr. Yael Adler
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