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Bewunderung? Publikum? Worum geht es mir bei Interviews?
Bewunderungsfantasien haben nur jene, die sie auf mich projizieren. Ich selbst kokettiere nicht damit – ich bin uneitel, fühle mich wohl in der zweiten Reihe. Mein Ersterfolg endet damit, dass ich im Publikum sitze und dem Bühnentreiben zusehe. Ein stiller Triumph, kein Spektakel.
Also: Wo sitzt der Narzisst – auf der Bühne oder im Publikum? Antwort: überall. Der Erfolg ist da, das genügt. Ich bin dankbar – den Verlagen, vor allem meinen Leser:innen.
Was mich stört: die mediale Reduktion auf Klischees. Humorvolles Hinterfragen ist mein Weg, weil Narzissmus als Selbstdarstellung missverstanden wird. Statt über unser aller narzisstische Impulse zu sprechen, wird die Person diskutiert. Das ist bequeme Selbstentlastung – "narzisstische Abwehr" im Fachjargon. Denn unerträglich ist nicht die Selbstdarstellung anderer, sondern die eigene empathiebefreite Selbstbezogenheit.
Narzissmus ist eine normale menschliche Eigenschaft, wie Körpergröße. Jeder hat ihn, die Frage ist nur: Wie stark? Ist das eigene "Größenerleben" realistisch oder Fantasie? Genau diese Differenz lohnt es, auszuhalten und zu reflektieren.
Darum halte ich nichts von 3-Minuten-Interviews oder Begriffsspielereien, die nur Klischees bedienen. Sinnvoll ist, Narzissmus zu entzaubern – reflexiv, hilfreich, ohne Zauberlehrlingsgestus.
Ich unterscheide klar zwischen öffentlicher Persona, Psychiater und Privatmensch. Projektion bleibt das zentrale Phänomen: Wir sehen nur, was wir glauben, und blenden Bedrohliches aus. Genau das macht narzisstische Dynamiken in Politik und Führung so gefährlich: Spaltung, Hass, Machtspiele. Umso wichtiger ist es, Projektionseffekte bewusst zu machen und die eigenen Befürchtungen zu prüfen. Wahrnehmung ist immer auch Projektion – und erst wer sie zurücknimmt, kommt der Wahrheit näher.
































